Der Komponist Luigi Cherubini – kurz vorgestellt
Klingende Versöhnung, ungewisses Ende

Luigi Cherubini lebte in bewegten Zeiten. Der gebürtige Florentiner ließ sich 1786, im Alter von 26 Jahren, dauerhaft in Paris nieder, wo er das französische Musikleben ein gutes halbes Jahrhundert lang wie kaum ein anderer prägte. In dieser Zeit erlebte er Absolutismus und Französische Revolution, Konsulat und Kaiserreich, Restauration und Julirevolution. Als Mensch und Künstler hoch angesehen, überstand Cherubini all diese Umbrüche – wenn auch nicht ohne wirtschaftlich und seelisch einen oft hohen Preis zu zahlen.
Nach außen hin gab sich der Komponist stets pragmatisch. Er schrieb vor allem Opern und kleinere Vokalwerke, doch stehen auch Krönungsmessen und Revolutionshymnen in seinem OEuvre nebeneinander. Hatte Cherubini also keine politische Haltung, drehte er sich wie ein Fähnchen im Wind und katzbuckelte vor den Herrschenden, wer sie auch waren? Keineswegs, immerhin machte er sich gerade bei Napoleon I. durch sein gänzlich uneitles und doch selbstbewusstes Auftreten höchst unbeliebt. In Werken wie dem 1817 uraufgeführten c-Moll-Requiem jedoch meint man zu spüren, was den Komponisten im Innersten bewegte.
Klang des Gedenkens
Den Auftrag zur Komposition des Requiems erhielt Cherubini nach der Restauration. Napoleon war abgesetzt, mit Louis XVIII. saß seit 1814/15 wieder ein König auf dem Thron: der Bruder des im Zuge der Revolution enthaupteten Louis XVI. Zum 24. Jahrestag von dessen Hinrichtung am 21. Januar 1793 bestellte der neue König eine Gedenkmusik. Und Cherubini zeigte sich der Aufgabe mehr als gewachsen. Es gelang ihm, dem c-Moll-Requiem eine dramatische Höhe zu verleihen, die jeder Oper zur Ehre gereichen würde – und gleichzeitig formal ganz in der Sphäre der Kirchenmusik zu bleiben.
Bemerkenswert ist zudem, dass im Requiem, entgegen den damaligen Gepflogenheiten, keine Solisten singen; der vierstimmige Chor ist allein für den Gesangspart zuständig. Im Angesicht des Todes gibt es keine Individuen mit ihren Unterschieden und Eigenheiten mehr – vielleicht ist es das, was Cherubini mit dieser Besetzung zum Ausdruck bringen wollte. Erfahrungen mit dem Tod hatten er und seine Zeitgenoss:innen schließlich mehr als genug nach Revolution, Schreckensherrschaft und den Napoleonischen Kriegen. Gleichzeitig ehrt das Werk in dieser entindividualisierten Vielstimmigkeit einen Herrscher des Ancien Régime. Auch er, sagt die Musik, war ein Bruder, Vater, Ehemann, kurz: eine von vielen, gleichwertigen Stimmen im Chor der Menschheit. So schlägt das Werk – tief empfunden und ohne großes Aufhebens – eine Brücke zwischen Adel und Volk, Arm und Reich, Royalisten und Revolutionären. Entsprechend der vielen erschütterten Gewissheiten und der immer noch ungewissen Zukunft gestaltete Cherubini den Schluss seines Requiems. Es endet still und offen: unsicher, ob es noch Anlass gibt, auf die christliche Botschaft von Licht und Frieden zu hoffen. Eine berechtigte Frage – damals wie heute. ◀
- Dienstag, 25. November 2025 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalBeethoven: Eroica & Cherubini: Requiem
Orchestre des Champs-Élysées | Collegium Vocale Gent | Philippe Herreweghe