Klassiker & Exoten der Klassik
Zum Kennenlernen und Wiederentdecken

Zum Kennenlernen und Wiederentdecken: drei gern gehörte Repertoireklassiker und drei seltener zu hörende Exoten, die in dieser Saison das Programm von Faszination Klassik in allen Klangfarben schillern lassen.
Sinfonie Nr. 9
Schostakowitsch machte mal wieder nicht, was er sollte. Dabei war der Auftrag eigentlich klar gewesen: Eine Siegessinfonie sollte er komponieren, am besten mit Chor (immerhin war das geplante Werk seine neunte Sinfonie, und was Beethoven konnte, konnte ein sowjetischer Vorzeigekomponist schon lange!) – passend zum Sieg der Roten Armee über Hitlerdeutschland, passend zum Ruhm von Diktator Stalin. Und nun das: ein knapp halbstündiges Zwergenwerk, das sich nicht entscheiden kann, ob es Klagegesang oder Zirkusmusik ist? Wo war der Triumph? Wo der Chor? Und – wagte der widerborstige Künstler etwa, Väterchen Stalin, den Weisesten der Weisen, in einem Mahler-Zitat als Esel zu bezeichnen? Ob diese Gedanken dem einen oder anderen bei der Uraufführung von Dmitri Schostakowitschs Sinfonie Nr. 9 am 3. November 1945 durch den Kopf gingen, ist ungewiss. Doch obwohl die Kollegen sich begeistert zeigten über das leichte und lebensfrohe Werk: Politisch wurde Schostakowitschs neunte Sinfonie in der Sowjetunion bald geächtet. Der Komponist reagierte mit (sinfonischem) Schweigen: Seine nächste Sinfonie erlebte ihre Uraufführung erst nach Stalins Tod.
- Montag, 06. Oktober 2025 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalLondon Symphony Orchestra
Sir Antonio Pappano | Seong-Jin Cho
Abo F1 entdecken
Klavierkonzert für die linke Hand
„Wenn ich ohne Orchester hätte spielen wollen, hätte ich kein Klavierkonzert bestellt“, soll Paul Wittgenstein sich einst bei Maurice Ravel beschwert haben. Stein des Anstoßes war wohl die teuflisch schwere erste Kadenz im Klavierkonzert für die linke Hand, mit welcher der Solopart beginnt. Auftraggeber Wittgenstein meinte mitreden zu dürfen, doch Ravel hielt dagegen: Die Kadenz blieb, und das Konzert wurde zum Paradestück des österreichischen Pianisten, vor allem nach der Emigration 1938 im amerikanischen Exil, wo man die improvisatorischen Elemente und den jazzigen Sound besonders zu schätzen wusste. Die Idee zum Konzert stammte von Wittgenstein selbst: Einarmig war er aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt – ein furchtbares Schicksal für einen jungen Pianisten. Doch die wohlhabende Herkunft rettete ihn, sodass er zahlreiche Auftragswerke an zeitgenössische Komponisten vergeben und sich auf diese Weise ein neues Repertoire schaffen konnte. Ravels Beitrag dazu gehört mit Sicherheit zu den berühmtesten Werken – so genial die Instrumentation, so atemberaubend virtuos der Klavierpart, der keine klanglichen Kompromisse macht und durchweg die Illusion aufrechterhält, es wären beide Hände beteiligt.
- Mittwoch, 05. November 2025 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalWiener Symphoniker
Petr Popelka | Anna Vinnitskaya
Abo F2 entdecken
Eine Alpensinfonie
In Ermangelung eines neuen Opernauftrags begann Richard Strauss im Sommer 1911, alte Skizzen und Erinnerungen an Bergwanderungen in der Kindheit aufzugreifen sowie erste Ideen für seine Alpensinfonie zu Papier zu bringen. Unter dem Eindruck von Gustav Mahlers Tod wuchs das, was als Zeitvertreib begonnen hatte, in den nächsten vier Jahren zu einer monumentalen Sinfonischen Dichtung heran, die auch ein gigantisch besetztes Orchester forderte: Bläser in vierfacher Besetzung, dazu Heckelfon, vier Wagnertuben, zwei Harfen, Orgel, Wind- und Donnermaschinen, Herdengeläute, Tamtam und Celesta. Außerdem ein Fernorchester mit zwölf Hörnern, zwei Trompeten und zwei Posaunen. Strauss’ musikalische Bergwanderung mit buchstäblich allen Höhen und Tiefen ist dabei weit mehr als eine Klang gewordene Naturschilderung: Mit ihrer überwältigenden Ausdruckskraft ist die Alpensinfonie bis heute ein einzigartiges Manifest des Glaubens an die Kraft der Natur.
- Mittwoch, 26. November 2025 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalBamberger Symphoniker
Jakub Hrůša
Abo F1 entdecken
Lemminkäinen-Suite
Zu Beginn seiner Karriere war Jean Sibelius überzeugt, zum Opernkomponisten bestimmt zu sein: Ähnlich wie Richard Wagner (von dessen Musik er ansonsten nicht allzu viel hielt) wollte er Sagen und Epen aus seiner Heimat zu nationalen Musikdramen formen. Bekanntlich kam dieser Plan nie zur Ausführung – Weltruhm erlangte der Finne in erster Linie als Instrumentalkomponist. Und doch fand mindestens einer der musikdramatischen Pläne noch seinen Weg auf die (Konzert-)Bühne: Die vierteilige Lemminkäinen-Suite entstand aus Sibelius’ Idee einer Oper über den gleichnamigen finnischen Nationalhelden. Seine Abenteuer führen diesen von einer paradiesischen Insel bis ins Totenreich, wo er dem mythischen Schwan von Tuonela begegnet, bevor er nach langer Reise heimkehrt. Der genannte Schwan mit seinem elegischen Englischhorn-Solo führt übrigens auch ein reges, von der Suite unabhängiges Eigenleben auf den Konzertbühnen.
- Sonntag, 18. Januar 2026 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalOslo-filharmonien
Klaus Mäkelä | Lisa Batiashvili
Abo F2 entdecken
Sinfonie Nr. 5
„Meine 5. Sinfonie ist ein verfluchtes Werk. Niemand kapiert sie“, notierte Gustav Mahler frustriert nach einer Aufführung in Hamburg 1905. Dass sie heute zu seinen beliebtesten und auch berühmtesten Werken zählt – nicht zuletzt durch den symbolträchtigen Einsatz des Adagiettos in Luchino Viscontis Verfilmung von Tod in Venedig –, hätte er sich vermutlich niemals träumen lassen. Dabei hat sie wirklich alles zu bieten, was man sich in einer großen Sinfonie wünscht: Klangfülle, Leidenschaft und starke Kontraste. Von allen Orchestermusiker:innen wird höchste Virtuosität in jeder einzelnen Stimme verlangt – nicht nur von der ersten Trompete, die die Sinfonie mit einer Schicksalsfanfare eröffnen darf: halb Militärmarsch, halb Abgesang. Alles bleibt zweideutig.
- Freitag, 30. Januar 2026 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalWDR Sinfonieorchester
Cristian Măcelaru | Kian Soltani
Abo F1 entdecken
- Mittwoch, 27. Mai 2026 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalKonzerthausorchester Berlin
Joana Mallwitz | Alice Sara Ott
Abo F2 entdecken
Klavierkonzert Nr. 1
Allein dieser Anfang! Majestätische Bläserfanfaren, dann eine hinreißende Streichermelodie zu wuchtigen Akkorden des Soloklaviers: Pjotr Tschaikowskys erstes Klavierkonzert geizt wahrlich nicht mit Gänsehautmomenten. Kein Wunder, dass es heute einer der meistgeliebten Gattungsbeiträge ist und zum Repertoire so ziemlich aller Pianist:innen gehört. Dieser Erfolg war dem Werk allerdings nicht in die Wiege gelegt. Als Tschaikowsky es kurz nach der Fertigstellung seinem bewunderten Mentor Nikolai Rubinstein vorspielte, war das Urteil harsch. Ein oder zwei Seiten könne man vielleicht retten, so Rubinstein, der Rest sei das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben sei. Tschaikowsky jedoch änderte nicht eine Note und schickte das Konzert kurzerhand an den Pianisten und Dirigenten Hans von Bülow. Der fand es „hinreißend in jeder Hinsicht“ und brachte es 1875 zur Uraufführung. Später änderte übrigens auch Rubinstein seine Meinung. Merke: Wie die meisten Dinge ist auch die Kunst eine höchst subjektive Sache!
- Dienstag, 10. März 2026 | 20:00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer SaalCity of Birmingham Symphony Orchestra
Kazuki Yamada | Bruce Liu
Abo F2 entdecken